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Von der netten Spielerei zur wertvollen Business Applikation - Content-Management-Systeme im Einsatz in der Technischen Dokumentation

 

Wie konnte vor 550 Jahren die Bibel wirtschaftlich vervielfältigt werden? Durch die Erfindung der beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg. Zwar löste der Einsatz von Content-Managment-Systemen in der Technischen Dokumentation keine Umwälzungen der ganzen Menschheit aus – dass die wirtschaftlichen Effizienzsteigerungen dennoch zu vergleichen sind, zeigt der folgende Beitrag von Stefan Freisler.

 

Inhalte

 

  • Vom Buchdruck zum Web-Content-Management-System
  • Die frühen Jahre - Content-Management-Systeme in der Technischen Redaktion
  • Auf der Suche nach einem effizienten Übersetzungsmanagement
  • Industrielle Textproduktion
  • Fazit

 

Vom Buchdruck zum Web-Content-Management-System

 

Vor 550 Jahren hat der Buchdruck den Austausch von Wissen und Informationen revolutioniert. Gelehrte der damaligen Zeit konnten von da an ihre Vorträge, Aufsätze und Manuskripte effizienter vervielfältigen und veröffentlichen, die ersten Zeitungen gingen Anfang des 16. Jahrhunderts in den Druck.

 

 

Einen ähnlichen Einfluss auf die Wissensvermittlung hatte die Erfindung des Internets in den 70iger Jahren des 20.Jahrhunderts. Damit war die Möglichkeit geschaffen, über vernetzte Rechner weltweit zu kommunizieren und Informationen auszutauschen. Rasanten Auftrieb erhielt das Internet durch die Entwicklung des World Wide Web, kurz WWW, Anfang der 90iger Jahre. Nachdem das Internet bis zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich von Forschern und Militärs genutzt wurde, konnten nun auch Laien auf das Cyberspace zugreifen. Heute ist das Internet als Informationslieferant kaum mehr wegzudenken.

 

 

Um die Inhalte in dem neuen Medium schnell und einfach auch ohne HTML-Kenntnisse publizieren zu können, kommen häufig Web-Content-Management-Systeme (WCMS) zum Einsatz. WCMS basieren auf einer strikten Trennung von Layout und Inhalt, so dass bei einem neuen Design der Web-Site nicht ebenfalls der Text verändert werden muss - und umgekehrt. Dadurch ist eine Mehrfachnutzung der Inhalte möglich, Arbeitsabläufe werden stark vereinfacht und optimiert.

 

 

Die frühen Jahre - Content-Management-Systeme in der Technischen Redaktion

 

Schon bald wurden die Strategien der frühen WCMS auf weitere Unternehmensbereiche ausgedehnt. Dieser Erweiterung zollte die Verallgemeinerung des Begriffs zu Content-Management-System (CMS) Tribut. Durch neue Funktionalitäten und weitere Komponenten haben sie als umfassendes Redaktionswerkzeug auch die Technischen Redaktionen erobert.

 

 

Zunächst gehörten Unternehmen, die sie für die Erstellung ihrer Technischen Dokumentationen einsetzten, zu den Early Adapters. Nur wenige nutzten die Effizienzsteigerungen, die sich durch die Wiederverwendung der mit einem CMS erstellten Dokumentationen ergeben: Hier werden die Texte in einzelne standardisierte Textbausteine gegliedert, entsprechend der Struktur und der Bauteile des Produktes bzw. der Maschine oder Anlage und in einem zentralen Datenpool abgelegt. Diese können dann für jedes weitere Dokumentationsprojekt neu zusammengestellt werden.

 

 

Vermehrt eingesetzt wurden die CMS in der Technischen Redaktion erst, als Kunden die Betriebsanleitungen, die Wartungs- oder Sicherheitsunterlagen nicht mehr nur in gedruckter Form wünschten, sondern auch über die unternehmenseigene Webseite darauf zugreifen wollten. Zu diesem Zeitpunkt begann man nach geeigneten Redaktionssystemen zu suchen, die die Wiederverwendung einmal erstellter Texte erlaubte, und deren Publikation in unterschiedliche Zielformate. Hinzu kam, dass die Technische Dokumentation allgemein an Bedeutung gewann. Durch die veränderte Produkthaftung waren Technische Dokumentationen in die Haftungsklausel eingeschlossen. Rechtliche Bestimmungen erzwangen Qualitätssteigerung (zum Beispiel hinsichtlich Sicherheitshinweise). Fehlende oder zu spät gelieferte Dokumentationen verursachen Zahlungsausfälle in Millionenhöhe. So wurde das Management zunehmend sensibel für Themen rund um die Technische Dokumentation.

 

 

Auf der Suche nach einem effizienten Übersetzungsmanagement

 

Ein weiterer Motor für den Einsatz von CMS in der Technischen Dokumentation war die Globalisierung der Märkte und die damit einhergehenden Anforderungen die Produktinformationen in der jeweiligen Landessprache liefern zu müssen.

 

 

Zunächst wurden nur die etablierten Sprachen bedient, wie Englisch, Spanisch und Französisch. Durch die EU-Osterweiterung, müssen die Technischen Dokumentationen inzwischen in weiteren, auch slawischen, Sprachen zur Verfügung gestellt werden. Diese stellt gerade den Maschinen- und Anlagenbau, die exportsstärkste Branche in Deutschland, vor eine große Herausforderung - können Gebrauchs- und Betriebsanleitungen einer Maschine doch 30.000 bis 40.000 Seiten umfassen. Der zeitliche Aufwand für die Erstellung der produktbegleitenden Literatur wächst exponentiell mit der steigenden Anzahl der Sprachen, sofern jede neue Dokumentation komplett zum Übersetzen weitergegeben wird. Durch den Einsatz eines CMS lassen sich die Übersetzungsprozesse signifikant vereinfachen, da nur die neu erstellten oder geänderten Textbausteine übersetzt werden.

 

 

Industrielle Textproduktion

 

Betrachtet man die Entwicklung der letzten 30 Jahre im Informationsmanagement, so ist der Weg von der „Dokument-Manufaktur“ zum weitgehend automatisierten Dokumentationserstellungsprozess unausweichlich. Während im Bereich der industriellen Fertigung weitere Rationalisierungsmöglichkeiten immer investitionsaufwändiger werden, beginnt man in der Erstellung produktbezogenen Informationen nun die Entwicklungen zu vollziehen, die in der Waren- und Güterproduktion schon seit über 200 Jahren zu einer ständigen und anhaltenden Produktivitätssteigerung führen.

 

 

Schlagworte wie Automatisierung, Standardisierung und Modularisierung stehen dabei im Vordergrund. Doch was bedeutet das konkret für die Erstellung produktbegleitender Literatur mit einem CMS, wie sind die eben genannten Begriffe im Hinblick auf die Technische Dokumentation zu verstehen?

 

 

Standardisierung: Die Informationen werden nach bestimmten Kriterien erstellt und somit standardisiert, so dass sie für jede weitere Dokumentation wiederverwendet werden können. Diese Vereinheitlichung betrifft Aufbau, Struktur, Sprachstil und Layout der Dokumente. Entsprechende Beschreibungsmodelle gibt es bereits, wie zum Beispiel das Multimediale Maschineninformationssystem (kurz mumasy, VDMA 66320). Das Forschungsprojekt mumasy wurde von dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) und dem Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) ins Leben gerufen. In Kooperation mit Maschinenherstellern aus verschiedenen Bereichen, Softwarehäusern und Forschungsinstituten wurde ein übertragbares Informationsmodell entwickelt mit Richtlinien für die Technische Dokumentation. Methoden wie das Funktionsdesign der Professoren Robert Schäflein-Armbruster und Jürgen Muthig gehen noch einen Schritt weiter, indem sie dem Technischen Redakteur Regeln an die Hand geben, mit denen er die Texte bis auf Satzebene hinunter vereinheitlichen kann.

 

 

Modularisierung: Die Informationen und Inhalte der Technischen Dokumentationen werden in einzelne Textbausteine aufgegliedert, entsprechend der Module der Maschine oder Anlage. Werden diese standardisierten Textmodule im CMS medienneutral vorgehalten, kann der Technische Redakteur diese für jedes neue Projekt beliebig zusammenstellen.

 

 

Automatisierung: Durch die Standardisierung und Modularisierung der Texte kann v.a. im Bereich des Übersetzungsmanagement ein hoher Grad an Automatisierung erzielt werden. Verfügt das CMS über Filtermechanismen, durch die neu erstellte oder geänderte Textbausteine selektiert werden, werden nur noch die neuen Komponenten an den Übersetzer weitergegeben, die bisher noch nicht übersetzt sind. Im weiteren Übersetzungsprozeß gleichen sogenannte Translation Memory Systeme die zu übersetzenden Texte mit den bereits im System vorliegenden Textkomponenten ab.

 

 

Fazit

 

Greifen wir nochmals den einleitenden Gedanken auf: die Erfindung des Buchdrucks mit flexiblen Lettern. Bei jedem neuen Druckauftrag konnten diese wieder verwendet werden, man musste nicht mit jedem neuen Text neue Drucktafeln oder Holztafeldrucke anfertigen.

 

 

Das gleiche Prinzip – jedoch aus Rationalisierungsgründen nicht auf Buchstabenebene, sondern auf Textbausteinebene - steckt auch in der Erstellung der Texte mit einem CMS: für neue Dokumentationsprojekte können bereits vorhandene standardisierte Textmodule wiederverwendet werden, was die Produktion der Technischen Dokumentationen signifikant vereinfacht und beschleunigt. Und in Zeiten, in denen jede Kosteneinsparung ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist, können moderne Unternehmen über kurz oder lang auf die Einführung des geeigneten CMS gar nicht verzichten.

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