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Kostensenkung durch bessere Dokumentation?

 

Dokumentation ist immer noch ein Stiefkind - Leider führt die Dokumentation in manchen Unternehmen auch heute noch ein kümmerliches Dasein. Natürlich können Appelle an die verantwortlichen Manager gerichtet werden, um diesen Zustand zu ändern. Damit wird jedoch nichts erreicht. Was für die Manager zählt, ist der Nutzen, der sich aus einer (besseren) Dokumentation ergibt. Dieser Nutzen muss messbar sein, entweder in einem erhöhten Produktnutzen oder in einem Mehrwert, der mit Hilfe einer guten Dokumentation erwirtschaftet wird und sich in Euro und Cent ausdrücken lässt.

 

Nicht direkt quantifizierbare Wertschöpfung

 

a) Imagegewinn: Nicht mehr wegzudenken ist heute der Imagegewinn, der sich aus einer optimalen Dokumentation ergibt. Immer häufiger wird auf Tagungen über Erfahrungen berichtet, die belegen, dass gerade beim Abschluss großer Aufträge sehr häufig die bessere Dokumentation ausschlaggebend für die Auftragsvergabe war. Nicht zuletzt wird aber auch die Qualität der Dokumentation immer häufiger mit der Qualität der Produkte gleichgesetzt. Und wer setzt schon gerne seinen mühsam erworbenen Ruf als Qualitätslieferant aufs Spiel?

 

 

b) Gesetzliche Vorschriften: Natürlich gibt es auch gesetzliche Vorschriften, in denen genau festgelegt wird, welche Informationen in einer Dokumentation enthalten sein müssen. Es wäre jedoch töricht, Dokumentationen nur zur Erfüllung dieser Vorschriften zu produzieren. Solche Dokumentationen sind aufgrund des Ansatzes häufig nicht kundenfreundlich und nutzenbringend. Deshalb entstehen bei einer solchen Vorgehensweise lediglich Gemeinkosten ohne direkten Kundennutzen.

 

 

c) Kundennutzen: Der Kundennutzen wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Gerade in einer Zeit, in der der Wettbewerb oft durch eine weitgehende Austauschbarkeit von Produkten gekennzeichnet ist, wird das Erbringen von Zusatznutzen etwa in Form einer optimalen Dokumentation immer wichtiger werden.

 

 

d) Usability der Dokumentation: Von zentraler Bedeutung ist das Konzept der "Usability". Dieser Begriff, der sich nur schwer ins Deutsche übersetzen lässt (Übersetzungsversuche wären z. B. "Brauchbarkeit", "Tauglichkeit", "Einsetzbarkeit"), spielt eine immer größere Rolle, und zwar auf mehreren Ebenen. Selbstverständlich muss die vom Redakteur erstellte Dokumentation "usable" sein, d. h., das Navigieren in der Dokumentation (z. B. über Stichwortverzeichnisse, Inhaltsverzeichnisse, etc.) muss sehr bequem sein.

 

 

e) Usability der Produkte: Gleichzeitig spielt in diesem Bereich auch die "Produkt-Usability" eine Rolle. Der Redakteur soll mittels seiner Dokumentation auch dafür sorgen, dass die Produkt-Usability verbessert wird. Dies führt zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit und zur Kundenbindung. Viele Redakteure beschränken sich jedoch häufig darauf, das Produkt und seine Einsatzmöglichkeiten zu beschreiben. Es würde sich anbieten, dass die Redakteure vor der Beschreibung eines Produkts dessen Einsatztauglichkeit einmal kritisch hinterfragen. Ein solches Infragestellen führt häufig zu besseren Bedienungsmöglichkeiten und damit zu einer besseren Benutzerführung.

 

 

Rationalisierung

 

"Rationalisierung ist das ständige Bemühen, Systeme in ihrer Struktur und in ihren Abläufen so zu gestalten, dass der Nutzen und die Leistung mit notwendiger Qualität durch sparsamsten Einsatz und Verzehr von Ressourcen (Arbeit, Material, Energie, Kapital und Informationen) erbracht werden können." (Nach VDI). Eine permanente Rationalisierung gehört demnach zu den Hauptaufgaben eines jeden Unternehmens. Gleichzeitig gehört Rationalisierung als dauerhafte Zielsetzung aber auch zu den Aufgaben einer jeden Dokumentationsabteilung.

 

Zielsetzungen

 

Projiziert auf Dokumentationsabteilungen kristallisieren sich die folgenden konkreten Zielsetzungen heraus:

 

  • Reduzierung der Kosten für die Dokumentationserstellung
  • Reduzierung der Kosten in anderen Unternehmensbereichen durch bessere Dokumentationen
  • Erwirtschaftung direkter Erlöse durch den Verkauf der Dokumentation
  • Ein Rationalisierungseffekt tritt auch dann ein, wenn bei gleichen wirtschaftlichen Randbedingungen eine bessere Qualität erarbeitet wird.
  • In den folgenden Ausführungen möchten wir uns jedoch auf die Kostenseite der Dokumentationserstellung konzentrieren.

 

Reduzierung der Kosten: Neues Dokumentationskonzept

 

Über die Reduzierung der Kosten im Bereich der Dokumentationserstellung wird immer wieder geschrieben. Einfache Ansätze sind die Mehrfachnutzung von Texten und Bildern, nicht nur innerhalb der Dokumentationsabteilung, sondern möglichst im gesamten Unternehmen. Auch durch den Einsatz von EDV-Programmen und Tools lassen sich die Erstellungskosten der Dokumentation reduzieren. Allerdings sollte man hier auch für völlig neue Konzepte offen sein. Ein Beispiel für ein neues Dokumentationskonzept wird derzeit in der Automobilindustrie diskutiert. Dort werden die Fahrzeuge durch die vielen unterschiedlichen Ausstattungspakete immer individueller, die einzelnen Ausstattungsmerkmale gleichzeitig immer komplexer und dokumentationsintensiver.

 

Das Ergebnis

 

Der neue Eigentümer erhält zu seinem Fahrzeug ein Dokumentationspaket, in dem alle möglichen (gelieferten sowie nicht gelieferten) Ausstattungsmerkmale beschrieben sind. So eine Dokumentation ist natürlich sehr mit Informationen überfrachtet und für den Anwender eher verwirrend. Die Alternative dazu ist eine individualisierte Fahrzeugdokumentation, die im Print-on-Demand-Verfahren individuell für jedes einzelne Fahrzeug mit den jeweiligen Ausstellungsmerkmalen gedruckt wird. Bei einem solchen Konzept lässt sich sogar über eine Individualisierung der Fahrzeugdokumentation mit persönlicher Anrede des Erstbesitzers nachdenken.

 

Maßnahmen zur Kostenreduzierung

 

Maßnahmen zur Kostenreduzierung dürfen sich allerdings nicht darauf beschränken, zum nächstbesten externen Dienstleister zu gehen und sich ein Pauschalangebot mit einem Seitenpreis für die Dokumentationerstellung geben zu lassen. Zum einen ist dann noch längst nicht definiert, welche Qualitätsvorstellungen umgesetzt werden sollen, zum anderen bedarf die Untersuchung der Alternative "Externer Dienstleister vs. Inhouse-Redakteur" einer detaillierteren Prüfung, als dies durch eine Betrachtung der Produktionspreise pro Seite möglich wäre.

 

Reduzierung der After-Sales-Kosten: Return on Investment

 

Während es bei der Reduzierung der Herstellungskosten für die Dokumentation zunächst um reine Einsparungsmaßnahmen geht, führt die Reduzierung der After-Sales-Kosten bereits zu einem direkten "Return on Investment". Besonders aus den Vereinigten Staaten sind immer mehr Beispiele bekannt, bei denen durch eine Optimierung der Dokumentation die Betreuungskosten nach dem Verkauf des Produkts drastisch reduziert werden konnten. In fast allen bekannten und veröffentlichten Beispielen über die Untersuchungen der After-Sales-Kosten wurde nachgewiesen, dass durch eine verbesserte Dokumentation ungeahnte Einsparungspotentiale in diesem Bereich aktiviert werden konnten. In aller Regel lagen die Einsparungsmöglichkeiten um ein Vielfaches über dem Dokumentationsaufwand. Im Abschnitt "Fallbeispiele" wird auf einige solcher Berichte eingegangen.

 

Eigene Erlöse der Dokumentationsabteilung

 

Die Dokumentationsabteilung in einem Unternehmen sollte ihre Dienstleistungen nicht nur über ein Verrechnungssystem an die jeweiligen Abteilungen verkaufen. Dies wäre eine interne Kompensation für die durch die Dokumentationsabteilung erbrachte Wertschöpfung. Unternehmensweit betrachtet sollte die Dokumentationsabteilung darüber hinaus versuchen, externe, tatsächliche Erlöse zu erwirtschaften. In der EDV-Branche wird dies zum Teil bereits umgesetzt, indem EDV-Unternehmen ihre Softwareprodukte ohne Dokumentation verhältnismäßig preiswert abgeben. Die Dokumentation kann dann durch den Kunden bei Bedarf zusätzlich und gegen Entgelt bestellt werden. In solchen Fällen erwirtschaftet die Dokumentationsabteilung eigene Erlöse. In den Vereinigten Staaten gibt es einzelne Softwarehäuser, die mit ihren Verlagsaktivitäten und Produkten wie Handbüchern, Lernprogrammen usw. die gleichen Gewinne erzielen, wie mit den eigentlichen Software-Produkten.

 

Fallbeispiele

 

  • Hotline-Kosten um 44 % gesenkt: In einer Kurzstudie in den Vereinigten Staaten konnte nachgewiesen werden, dass die Hotline-Kosten für ein spezielles Produkt nach Optimierung der Dokumentation kurzfristig um 44 % gesenkt werden konnten.
  • Einsparungen von über 3 Millionen Dollar: In einer Landwirtschaftsbehörde in Amerika wurden 92 Vordrucke durch professionelle Redakteure überarbeitet. Eine Analyse hatte ergeben, dass diese Vordrucke insgesamt jährlich über eine Million mal verwendet wurden. Durch die Überarbeitung konnten die Bearbeitungskosten um etwa 3 Dollar pro Vordruck gesenkt werden. Daraus ergaben sich sofort Einsparungen von über 3 Millionen Dollar.
  • Abschlüsse um 38 % erhöht: Eine Versicherungsgesellschaft in Kanada hatte ihre Unterlagen zur Hausratsversicherung völlig überarbeiten und vereinfachen lassen. Die Abschlüsse erhöhten sich innerhalb eines Jahres um 38 %. Auch wenn zu diesem Erfolg durchaus noch andere Faktoren beigetragen haben, ist dies eine bemerkenswerte Zahl.
  • Einsparungen von etwa 500 000 Dollar: In einem Ministerium in den USA wurde ein interner Abrechnungsvordruck überarbeitet. Die Überarbeitungskosten durch einen Redakteur lagen bei 15 000 Dollar. Die durch das Vereinfachen der Arbeitsabläufe erzielten Einsparungen lagen im ersten Jahr bereits bei etwa 500 000 Dollar.
  • Hotline eingestellt: Eine größere Rundfunkorganisation hatte zur Erläuterung der Handhabung interner Vorschriften eine eigene Hotline mit fünf Vollzeit-Mitarbeitern eingerichtet. Durch die Herausgabe einer gut strukturierten Broschüre, in der diese Vorschriften auf professionelle Weise erläutert wurden, konnte die Hotline nach kurzer Zeit vollständig eingestellt werden. Die Mitarbeiter standen für andere Aufgaben zur Verfügung.
  • Kostenvermeidung von 2 Millionen Dollar: Ein Software-Unternehmen hatte für eine Produktreihe durchschnittliche Entwicklungskosten von 3 Millionen Dollar und durchschnittliche Marketing- und Vertriebskosten von 7 Millionen Dollar. Der größte Teil der Vertriebskosten (knapp 6 Millionen Dollar) entstand durch eine Hotline. Durch die Investition von etwa 100 000 Dollar in ein besseres Handbuch konnten die Hotline-Kosten um 30 % gesenkt werden. Im Klartext: Einer Investition von 100 000 Dollar in die technische Dokumentation stand eine Kostenvermeidung von knapp 2 Millionen Dollar innerhalb eines Jahres gegenüber.

 

Fazit

 

Dokumentation ist erforderlich, kostet aber auch Geld. Der Ansatz, die Erstellungskosten für die Dokumentation zu reduzieren, wäre jedoch verfehlt. Wichtig ist, dass sowohl Redakteure als auch das Management die technische Dokumentation als Teil der Wertschöpfungskette und somit als Produkt neben dem Produkt einstufen. Dann lassen sich der Dokumentation nicht nur Kosten, sondern auch Erlöse und Erträge zuordnen. Dann können Dokumentationen auch optimiert werden. Und erst dann lassen sich die Dokumentationsabteilungen von dem Makel befreien, eine unnütze bzw. gesetzlich vorgeschriebene Gemeinkostenstelle zu sein.

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