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Yulia Kriwanek liebt den Folkloretanz.

Computerlinguistik – Tanz zwischen Sprachen und Technologie

Yulia Kriwanek lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Sie liebt fremde Sprachen und Kulturen – eine Leidenschaft, die sie besonders beim Folkloretanz auslebt. Seit 2013 arbeitet sie als Computerlinguistin bei Transline im Qualitätsmanagement.

Yulia, was genau macht eigentlich eine Computerlinguistin wie du?

Wenn wir Menschen miteinander kommunizieren, nennen wir das „natürliche Sprache“ – ein äußerst komplexes, flexibles und robustes System aus Lauten und Zeichen. Es wandelt sich ständig und muss einer Vielzahl von Situationen gewachsen sein. Die Kommunikation von Computern hingegen beschränkt sich auf die sogenannte „formale Sprache“. Sie reagiert anfällig auf Dinge wie Mehrdeutigkeit, Veränderung und Spontanität. Die Aufgabe der Computerlinguistik besteht daher darin, geeignete formale Modelle bereitzustellen, um die besonderen Eigenschaften natürlicher Sprachen im Rahmen der Beschränkungen von Computersprachen zu erfassen.

Und wie genau funktioniert das?

Im Prinzip sind wir Computerlinguisten die Schnittstelle zwischen Mensch und Computer. Wir verarbeiten natürliche Sprache mit technologischen Hilfsmitteln. Man spricht auch von „Natural Language Processing“ – kurz NLP – also die maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache. Genauer gesagt ist das eine Methode der künstlichen Intelligenz, die es Computern ermöglicht, die natürliche Sprache des Menschen zu verstehen. Mit analytischem Denken schlüssele ich sprachliche Konzepte auf und organisiere sie so, dass sie für eine Maschine verständlicher sind.

Wo genau kommt eine Computerlinguistin wie du zum Einsatz?

Es gibt eine Vielzahl von Einsatzbereichen, beispielsweise im Bereich Spracherkennung und -produktion, mit Chatbots etwa oder Sprachassistenten wie Siri und Alexa. Aber eben auch im Bereich der Übersetzung, wenn es um Automatisierungen und Machine Translation geht: Google Translate und DeepL sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Aufgabe des Computerlinguisten ist es, der Maschine dabei zu helfen, die natürliche menschliche Sprache zu verstehen und zu reproduzieren.

Was heißt das für deine Arbeit bei Transline?

Transline arbeitet seit vielen Jahren mit der formalen Qualitätssicherung. Zusätzlich zu anderen QS-Systemen wie beispielsweise dem Vier-Augen-Prinzip nach ISO 17100 prüft Transline grundsätzlich alle Übersetzungen mit Hilfe einer Qualitätssicherungssoftware. Diese formale Qualitätssicherung ist dynamisch und muss ständig angepasst und optimiert werden. Das ist Aufgabe von uns Computerlinguisten.

Was genau prüft denn die Software?

Typische Kriterien sind Leerinhalte, also eine Prüfung auf Vollständigkeit. Aber auch Zahlen, Zahlenformate und Rechtschreibung können formal abgeprüft werden. Wir checken auch standardmäßig, ob sich noch ausgangssprachliche Wörter im Zieltext befinden – das kann darauf hindeuten, dass der Text versehentlich nicht übersetzt wurde. Das Beste aber ist: Auch kundenspezifische Vorgaben können wir programmieren und bei jeder Übersetzung zuverlässig abprüfen. Dazu gehören zum Beispiel sicherheitsrelevante Signalwörter wie „Gefahr“, „Warnung“ oder „Vorsicht“, für die es in den Fremdsprachen jeweils ein ganz bestimmtes Pendant gibt.

Und womit beschäftigst du dich aktuell?

Das Problem der formalen Prüfung liegt quasi in der Beschränkung ihrer Intelligenz. So schlägt das System vielleicht Alarm, weil das Wort „Zeitwerk“ in Ausgangs- und Zielsprache gleich ist. Da es sich aber um einen Produktnamen handelt, ist es völlig korrekt, dass dieser nicht übersetzt wurde. Nun muss ich dem Kundenwunsch gemäß ein Skript schreiben, welches der Software mitteilt, dass gewisse Produktnamen nicht zu übersetzen sind. Wir nennen solche vermeintlichen Fehleranzeigen „falsche Fehler“ und entwickeln aktuell den TBlue® Optimizer, der mit Hilfe künstlicher Intelligenz solche falschen Fehler auf ein Minimum reduziert.

Das System „lernt“ also?

Genau! Wir geben der Software Rückmeldung zu den angezeigten Fehlern. Und beim nächsten Mal berechnet die KI die Wahrscheinlichkeit, ob ein Fehler falsch oder richtig ist. Mit der Zeit wird der Output so immer akkurater.

Was hat der Transline Kunde davon?

In erster Linie: Zeitersparnis! Durch zusätzliche formale Prüfkriterien kann die Qualität der Übersetzung viel schneller geprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Die Lieferzeit verkürzt sich also. Bei einem Marketinglektorat etwa können sich zudem die Kollegen auf solche Prüfungen konzentrieren, die eine Maschine nicht leisten kann – Stil und Tonalität zum Beispiel. Das steigert die Qualität und senkt die Übersetzungskosten.

Macht das Übersetzungen auch sicherer – gerade im technischen Bereich?

Es gibt gewisse Fehlerquellen, die bei der Humanübersetzung häufig sind. Dazu zählen beispielsweise Gegensatzpaare wie „min.“ und „max.“. Solche Fehler können durch unsere Programmierungen nahezu gänzlich vermieden werden – ein großer Vorteil für die Sicherheit beim Bedienen einer Maschine zum Beispiel.

Was gefällt dir an deiner Arbeit am besten?

Der technische Aspekt ist für mich immer herausfordernd, da ich eher linguistisch veranlagt bin. Das ist aber auch gut so, denn Schlüssel für erfolgreiche NLP-Projekte sind ein tiefes Verständnis und Leidenschaft für Sprache. Das Programmieren macht mir richtig Spaß, denn es ist unheimlich lösungsorientiert: Die Ergebnisse meiner Arbeit sparen Kunden und Kollegen viel Zeit. So mache ich ihnen das Leben leichter – ein gutes Gefühl.

Du bist begeisterte Folkloretänzerin – wie passt das mit deinem Job zusammen?

(Lacht.) Es ist mein Kontrastprogramm, genau wie ich mich zum Ausgleich gern mit Musik und Kunst beschäftige und in meiner Freizeit am liebsten draußen in Wald und Natur unterwegs bin. Aber ich habe auch Hobbys, die näher an meiner beruflichen Tätigkeit sind. So nutze ich seit dem Krieg in der Ukraine meine sprachlichen Fähigkeiten, um für Flüchtlinge in Hamburg zu dolmetschen: Ich helfe ihnen bei Papierkram, Behördengängen und Arztbesuchen. Daraus sind mittlerweile tolle Freundschaften entstanden. Sprache baut Brücken. Das ist immer wieder eine faszinierende und bereichernde Erfahrung – im Job und auch privat.

Yulia Kriwanek liebt den Folkloretanz.

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